Musikalische Entdeckungen im Herbst
Leonberg Die Harmonikafreunde haben in der Stadthalle überzeugt. Von Rainer Enke
Und es gibt sie doch, die Musikvereine, die augenscheinlich keine Nachwuchssorgen haben. Dazu gehören sicherlich die Harmonikafreunde Leonberg/Eltingen, die dies bei ihrem Herbstkonzert unter dem Motto "Eine musikalische Entdeckungsreise" in der sehr gut besuchten Stadthalle unter Beweis stellten. Seinen ersten großen Auftritt vor viel Publikum hatte das neunköpfige Schülerorchester unter der Leitung von Simona Bauer. Getragene wie rhythmisch und melodisch anspruchsvolle Stücke gelangen sauber und in großer Geschlossenheit.
Als Duo und auch solistisch bundesweit bei Wettbewerben sehr erfolgreich unterwegs sind Steffen Edelmann und Felix Unselt. Die Teenager, die ansonsten im ersten Orchester spielen, meisterten ein äußerst komplexes und schwieriges zeitgenössisches Werk in nahtlosem Zusammenspiel, spielten sich die Soloparts zu und klangen zusammen souverän wie aus einem Guss. Mächtig ins Zeug legten sie sich bei einem Balkantanz, mit seinem überbordenden Temperament und folkloristischen Gestus.
Das sechsköpfige "Ensemble" unter der Leitung von Ralf Brendle setzte die musikalische Entdeckungsreise mit Abstechern etwa nach Kuba, den USA oder Spanien fort. Hier konnte die kleine, aber feine Gruppe, unter ihnen Dirigent Maic Widmann, ihr herausragendes Können unter Beweis stellen. Sehr distinguiert im Vortrag, präzise und fein in den rhythmischen und melodischen Verwebungen wurden alle für diese Länder spezifischen musikalischen Eigenheiten plastisch herausgespielt. In dem argentinischen "Oblivion" von Astor Piazzolla überraschte und überzeugte Ralf Brendle mit einer träumerisch leichten Soloeinlage.
"Die Maus" ist eine Fernsehsendung für Kinder, aber ihre markante Melodie sitzt vielen unauslöschlich in den Ohren. Und so durften die Schüler, eine Gruppe von 16 Kindern, hier mit dem kompletten ersten Orchester unter der Leitung von Maic Widmann eine Probe ihres erstaunlich guten Könnens abgeben. Eine kostümierte Maus machte die Sache vollends rund.
Richtig zur Sache kam das Erste Orchester mit der sehr bekannten Melodie aus dem nahezu vergessenen Film "Children of Sanchez". Die Stimmen wechselten sich geschmeidig in der Führung ab, und vereinten sich zu einem harmonischen Ganzen, druckvoll drängend vorangetrieben von den beiden jungen Perkussionisten.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg hatte Gustav Holst die Gefahr eines aufziehenden gnadenlosen technisch-brutalen Krieges in dem ersten Satz aus "Die Planeten" musikalisch formuliert. Martialisch und bombastisch, dunkel und dräuend, mit hämmernden Staccati und gewaltigen Crescendi in orchestraler Fülle, unterlegt von fanfarenähnlichen Akzenten, geriet "Mars" zu einem aufrüttelnden wie einschüchternden Ereignis. Eindrücklich beschworen auch zwei Sätze aus der "Keniade" von Fritz Dobler afrikanisches Flair.
Eine Melodie prägte "A Discovery Fantasy" von Jan de Haan, die im Verlauf auf immer andere Weise im typischen Stil verschiedener Länder variiert wurde. So wurde etwa Ravels "Bolero" zitiert. Mit diesem opulenten Werk endete das Herbstkonzert, auch als Reise durch die musikalischen Stationen der Spielkunst bei den Harmonikafreunden Leonberg/Eltingen.
(LKZ 14.11.2011)